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Die Geschichte der Computermaus – Von Douglas C. Engelbart zum Apple Macintosh

Vom Labor auf den Schreibtisch
(Aktualisiert Dezember 2018)

Maus-Entwurf aus Holz von Doug Engelbart
Maus-Entwurf aus Holz von Doug Engelbart

Mit dem Apple Macintosh wurde auch die erste Computermaus entwickelt, die in Massen produziert werden konnte. Der Designentscheidung gingen heftig geführte Kontroversen voraus.

Wo wurde die Computermaus erfunden? Bei Apple? Nein. Im Forschungszentrum Xerox PARC? Stimmt auch nicht, auch wenn dies häufig behauptet wird. Den Ruhm als Erfinder der Computermaus kann der legendäre kalifornische Wissenschaftler und Tüftler Dr. Douglas C. Engelbart für sich beanspruchen. In den 60er Jahren beschäftigte sich der ehemalige Navy-Radartechniker am Stanford Research Institute (SRI) in Menlo Park mit dem Entwurf eines Gerätes, das die physische Interaktion zwischen einem Menschen und einem Röhrenbildschirm erlaubt.

1962 veröffentlichte Engelbart ein Papier unter dem Titel „Augmenting the Human Intellect: A conceptual framework“ (Erweiterung des menschlichen Intellekts: Ein Grundkonzept). In diesem Paper bezeichnet er dieses Gerät als „Zeiger“.

Bill English, Chefingenieur von Engelbarts Augmentation Research Center (ARC) am SRI, baute dann 1964 den ersten Maus-Prototyp. Diese Originalmaus, die in einem Holzgehäuse untergebracht war, enthielt ein Rad, das die Bewegung des Gerätes in Cursorbewegungen auf dem Bildschirm umsetzte.

Angesichts der einzelnen roten Taste oben auf dem Gerät und dem an der Rückseite herausführendem Kabel fand ein Mitarbeiter in Engelbarts Labor, dass das Gerät das Aussehen einer Maus habe. Der Name blieb hängen. Am 21. Juni 1967 reichte Engelbart eine Patentanmeldung für einen „X-Y-Positionszeiger für ein Bildschirmsystem“ ein.

Eine Replika der ersten Computermaus von Douglas C. Engelbart im Computermuseum in Mountain View (Kalifornien).  Foto: Christoph Dernbach

In einer legendären Demo hat die Maus am 9. Dezember 1968 ihren ersten öffentlichen Auftritt. In der oft als »Mutter aller Demos« bezeichneten Veranstaltung lieferten Engelbart und 17 seiner SRI-Forschungskollegen eine 90-minütige Live-Präsentation auf der „Fall Joint Conference“ in San Francisco.

Mutter aller Demos durch Dough Engelbart (1968)
Mutter aller Demos durch Dough Engelbart (1968)

Das Team zeigte auch Hypertext, Objektadressierung, dynamische Datenverknüpfungen und die Zusammenarbeit zweier Anwender am Bildschirm, die per Audio und Video über ein Netzwerk miteinander kommunizieren. Diese Demo ist auch deswegen so berühmt, weil die Videoaufzeichnung noch heute verfügbar ist:

Die legendäre Demo der ersten Computermaus von Douglas Engelbart aus dem Jahr 1968

Im Rahmen dieses akademischen Projekts führte Engelbart der Forschungsgemeinde 1968 in San Francisco erstmals den Einsatz einer Maus vor, die auf einem Bildschirm einen schwarzen Punkt bewegte. “In unserer Vision gingen wir davon aus, dass die Menschen zur Lösung von Problemen computergestützte Arbeitsstationen einsetzen werden. Diese Stationen setzten voraus, dass man mit Hilfe eines Geräts einen Cursor und damit die Informationen auf dem Bildschirm ansteuern konnte. Wir probierten (im Auftrag der NASA) verschiedene Geräte aus, darunter einen Lichtgriffel und auch Joysticks”, sagte Engelbart 30 Jahre später in einem Interview. “Es stellte sich schnell heraus, dass die Maus besser als alle anderen Geräte funktionierte.”

Die Rollkugel-Steuerung RKS 100-86 von Telefunken. Die Rollkugel-Steuerung diente dazu, einen Zeiger auf dem Bildschirm eines Großrechners in der Flugsicherung zu steuern. Foto: Computermuseum der Fakultät Informatik, Universität Stuttgart

Fast in Vergessenheit geraten ist, dass in dieser Zeit auch in Deutschland an dem Konzept einer Computermaus gearbeitet wurde. Für die Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) in Frankfurt entwickelte eine Abteilung des Elektro-Pioniers Telefunken in Konstanz ein System, in dem ein Zeiger benötigt wurde. Eine „Rollkugelsteuerung“ sollte den Fluglotsen ermöglichen, auf einem großen Radar-Bildschirm Darstellungen von Flugzeugpositionen zu markieren. Einige Wochen vor der Demo in San Francisco stellte Telefunken sein Konzept vor.

Engelbart hatte die Idee also nicht allein. Doch im Gegensatz zu den Deutschen ließ sich sein Arbeitgeber SRI die Erfindung 1970 als «X-Y-Positionsanzeigesteuerung für die Bewegung per Hand über eine beliebige Oberfläche zur Verschiebung eines Positionsanzeigers auf dem Bildschirm» unter der Nummer 3,541,541 als Patent eintragen.

Telefunken hatte damals zwar auch versucht, sich die Entwicklung der Rollkugelsteuerung mit einem Patent schützen zu lassen, scheiterte damals allerdings an der Ignoranz des Deutschen Patentamtes: „Wir wollten unsere Erfindung tatsächlich anmelden und haben dies auch versucht“, erinnerte sich Telefunken-Entwickler Rainer Mallebrein in einem Interview. „Das Patentamt meldete uns damals jedoch zurück, dass – so hieß es damals wörtlich – die Erfindungshöhe zu gering sei. Gemeint ist damit, dass der technische Fortschritt, nur bezogen auf die Mechanik, nicht groß genug war.“

Das Originalpatent für die erste Computermaus, ausgestellt am 17.11.1970 Foto: US-Patentamt

Einen Erfolg im Massenmarkt konnten damals aber weder Telefunken noch das Team in Kalifornien feiern. Engelbarts Auftraggeber Nasa konnte mit der ersten Maus nicht viel anfangen, auch weil bald deutlich wurde, dass seine Maus in der Schwerelosigkeit nicht angewandt werden konnte. Und Telefunken baute die „Rollkugelsteuerung“ zwar in seinen Großrechner TR440 ein, doch diese Computerschränke bekam kaum jemand zu Gesicht. Die Großrechner kosteten bis zu 15 Millionen D-Mark und wurden in geringen Stückzahlen von der Bundesanstalt für Flugsicherung und anderen Behörden verwendet.

Die Maus des Xerox Alto im Computer Museum in Mountain View.
Foto Christoph Dernbach

Es dauerte dann fast weitere zehn Jahre, bis sich im Silicon Valley wieder ein Forschungsteam ernsthaft mit der Maus als Bestandteil einer grafisch orientierten Benutzeroberfläche eines Computers beschäftigte. Die Forscher des Xerox PARC schlossen an ihren Computer Alto eine Maus an, mit der man Befehle auf dem Rechner ausführen, Texte markieren und Dateien öffnen konnte. Diese Xerox-Maus bekam Steve Jobs im November 1979 (siehe auch hier) zu Gesicht.

Im Gegensatz zur oft erzählten Legende hat sich der Apple-Gründer nicht einfach bei den Ideen bedient, die im Xerox Parc entwickelt wurden. Den beiden Besuchen gingen Verhandlungen mit der Xerox-Zentrale an der Ostküste voraus. Xerox ließ sich den Einblick in die Forschungsarbeit im Parc teuer bezahlen und durfte sich noch vor dem Börsengang von Apple zum Vorzugspreis bei den Unternehmensanteilen bedienen.

Jobs war von dem Konzept begeistert, sah aber auch die Probleme im Detail. Die Xerox-Maus kostete in der Herstellung allein 400 Dollar, fiel durchschnittlich nach einer Woche aus und konnte nur von Fachleuten repariert werden. “Steve Jobs kam zu uns und sagte: ‘Ich will eine Maus für 10 Dollar, die niemals ausfällt und die in Massen produziert kann, weil die Maus das wichtigste Interface des Computers der Zukunft werden wird”, erinnert sich Jim Sachs, der bei einer externen Firma die Apple-Maus entwarf, der damals zunächst am Verstand des Vegetariers Jobs gezweifelt hatte, denn ein Maus als wichtigstes Eingabeinstrument eines Computers war eigentlich unvorstellbar. “Wir dachten zunächst, vielleicht sollte er seine Ernährungsweise doch mit etwas Fleisch anreichern. Aber solange er uns 25 Dollar die Stunde bezahlte, hätten wir ihm auch einen solarbetriebenen Toaster gebaut.”

Die Entwickler bei Hovey-Kelley ersetzten die elektrischen Bürstenkontakte der Xerox-Maus durch optomechanische Kontakte, die über mit Federn angedrückte Rollen die Bewegung der Mauskugel registrieren. An den Rollen befestigten sie Lochscheiben, die bei einer Bewegung Lichtwechsel auslösen. Diese Wechsel werden von Photozellen erfasst und in entsprechende elektrische Signale umgewandelt. Die Entwickler probierten für die ersten Modelle jede denkbare Kugelvariante aus. Ein Team-Mitglied ging in den nächsten Supermarkt und beschaffte sich Deo-Roller, um die Kugeln in die Maus-Prototypen einzubauen. Letztlich entschieden sich die Verantwortlichen für eine aufgeraute Stahlkugel, die in die Maus des Apple Lisa eingebaut wurde.

Apple Lisa
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