Es ist das Super-Bowl-Finale am 22. Januar 1984, knapp hundert Millionen Menschen schauen zu. Das Spiel selbst verläuft weniger spannend – bereits zur Halbzeit liegen die Los Angeles Raiders gegen die Washington Redskins mit 21:3 in Führung. Für Furore sorgt viel mehr ein außergewöhnlicher Werbespot, der im dritten Viertel ausgestrahlt wird. In dem 60 Sekunden langen Clip von Star-Regisseur Ridley Scott kündigt Apple den ersten Macintosh an. Doch es geht nicht einfach nur um einen neuen Computer. Die Botschaft lautet: Der Mac wird die Welt davor bewahren, dass die düstere Vision aus George Orwells Roman „1984“ im namensgebenden Jahr Wirklichkeit wird: „Big Brother“ IBM wird mit seinen grauen PCs nicht die IT-Welt beherrschen.
Obwohl Apple selbst ihn nur ein einziges Mal ausstrahlte, schrieb der Clip Geschichte. Nachrichtensendungen wiederholten ihn mehrfach, um über den Publicity-Coup zu berichten. Die Zeitschriften Advertising Age und TV Guide kürten „1984“ später zum besten Werbespot aller Zeiten.
Steve Jobs trieb Entwicklung des Macintosh voran
Apple-Mitbegründer Steve Jobs hatte die Entwicklung des Macintosh seit September 1980 selbst vorangetrieben. Jobs wollte zuvor mit dem Apple Lisa die Idee einer grafischen Benutzungsoberfläche weitertreiben, die er 1979 im legendären Forschungslabor Xerox PARC entdeckt hatte. Apple ermöglichte dem Kopierer-Hersteller damals, sich für eine Million Dollar Apple-Anteile zu kaufen, die nach dem Börsengang des Unternehmens 17 Millionen Dollar wert waren. Dafür durften sich Jobs und sein Team Xerox-Techniken wie Smalltalk anschauen, die beim Xerox Star für eine (in der Praxis nur in Ansätzen brauchbare) GUI sorgten.
Jobs erkannte das Potenzial sofort. Er war wie geblendet und wollte die Technik unbedingt bei der Entwicklung des Apple Lisa einbringen. Doch der Apple-Verwaltungsrat traute ihm nicht zu, das Projekt zum Erfolg zu führen. Daher schnappte sich der wilde Firmenmitbegründer das Macintosh-Projekt von Jef Raskin, das als Nachfolger für den Apple II als „Volks-Computer“ in Arbeit war. Raskin hatte geplant, den Macintosh mit einem möglichst preiswerten Prozessor, dem Motorola 6809, und einem extrem eng bemessenen Hauptspeicher von 64 Kilobyte auszustatten, um ihn nicht teurer als 1000 Dollar werden zu lassen. Doch um die Ideen von Xerox zu veredeln und zum Laufen zu bringen, reichte diese Hardware nicht aus.
Andy Hertzfeld, der den Systemkern des Mac (und später das Benutzer-Interface von Google+) entwickelt hat, und seine Kollegen mussten in diesen Monaten immer wieder unter den Wutattacken von Jobs leiden.

Das Team wurde aber auch positiv angespornt: „Steve war sehr verärgert, dass der Mac zunächst so lange zum Booten brauchte“, berichtete Hertzfeld Jahre später. So versuchte er den Software-Entwickler Larry Kenyon zu motivieren. Er erzählte ihm:
„Weißt du, ich habe darüber nachgedacht. Wie viele Leute werden den Macintosh benutzen? Eine Million? Nein, mehr als das. Ich wette, in ein paar Jahren werden fünf Millionen Menschen mindestens einmal täglich ihre Macintosh-Rechner hochfahren. Nun, sagen wir, du kannst die Bootzeit um 10 Sekunden verkürzen. Multipliziert man das mit fünf Millionen Benutzern und das sind 50 Millionen Sekunden, jeden Tag. Über ein Jahr hinweg sind das wahrscheinlich Dutzende von Leben. Wenn Du den Mac also zehn Sekunden schneller starten lassen kannst, hast Du ein Dutzend Leben gerettet. Das ist es wirklich wert, findest du nicht auch?“
Kenyon machte sich noch einmal an die Arbeit und verkürzte den Bootvorgang um weitere drei Sekunden. So löste das „Macintosh-Team“ ein Problem nach dem anderen.
[…] irgendwie praktische Verwendung in meinem Leben zu finden. Aber zehn Jahre später, als wir den ersten Macintosh-Computer entwarfen, kam alles wieder. Und wir haben das alles in den Mac eingebracht. Es war der erste […]